In Frankreich fasst das Arbeitsgesetz (Code du Travail) die meisten Gesetze und gesetzlichen Regelungen zum Arbeitsrecht zusammen; daneben regeln noch Tarifverträge und kollektive betriebliche Vereinbarungen die Arbeitsverhältnisse innerhalb eines Betriebes. Gibt es bei der Regelung eines Punktes Kollisionen zwischen kollektiver Vereinbarung und Arbeitsvertrag, gilt diejenige Regelung, die für den Arbeitnehmer am vorteilhaftesten ist.
Der Arbeitsvertrag
Unbefristete Arbeitsverträge (Contrat à durée indétermininée - CDI) für eine Vollzeittätigkeit unterliegen keiner besonderen Formvorschrift, es sei denn, dass dies in einer kollektiven Regelung so vereinbart wurde. Dabei kann ein Arbeitsvertrag auch mündlich geschlossen werden – in diesem Fall ist der Arbeitgeber jedoch verpflichtet, den Arbeitnehmer vor der Einstellung schriftlich in einer
Déclaration préalable à l'embauche - DPAE
über die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses informieren. Dieses Dokument ist für die französische Einzugsstelle für Sozialversicherungsbeiträge und Familienleistungen (URSSAF) bestimmt. Sollte es zu einem Streit kommen, kann damit in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht (Conseil de prudhommes) nachgewiesen werden, dass ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde.
Bei den folgenden Verträgen ist dagegen die Schriftform zwingend vorgeschrieben:
• Befristete Verträge (Contrats à durée déterminée - CDD),
• Teilzeitverträge (Contrats de travail à temps partiel - CDD und CDI),
• Zeitarbeitsverträge (Contrats de travail temporaire),
• Abrufverträge, unständige Beschäftigungsverhältnisse (Contrats de travail intermittent),
• Ausbildungsverträge (Contrats d'apprentissage)
• Professionalisierungsverträge (Contrats de professionalisation)
• Eingliederungsverträge (Contrats unique d'insertion)
Befristete Arbeitsverträge (Contrat à durée determinée - CDD) können in Frankreich nur für die Ausführung einer bestimmten und zeitlich begrenzten Aufgabe geschlossen werden, wie beispielsweise
o bei einem vorübergehenden höheren Arbeitsanfall im Betrieb
o zur Vertretung eines vorübergehend fehlenden Mitarbeiters
o Saisonarbeitsverträge und „Contrats d'usage" (befristete Verträge, die ohne Einschränkung mehrmals verlängert werden können)
o im Bereich der Bildung und Berufsausbildung
Ein befristeter Arbeitsvertrag muss schriftlich geschlossen werden und bestimmte vorgeschriebene Vertragsbestandteile, wie den Grund für die Befristung, enthalten (Art. L1242-12 Code du Travail). Sind die vorgeschriebenen Vertragsbestandteile nicht vorhanden, gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Ein befristete Vertrag kann einmal verlängert werden, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses eine Verlängerung vereinbaren oder die Aufgabe, für welche der Arbeitnehmer eingestellt wurde, bis zum Ende der vorgesehenen Vertragslaufzeit nicht abgeschlossen wurde, vorausgesetzt dass die maximal zulässige Höchstdauer der Befristung durch die Vertragsverlängerung nicht überschritten wird.
Vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer kann ein befristeter Arbeitsvertrag nur dann ohne beiderseitige Zustimmung der Parteien beendet werden, wenn eine der Parteien einen schwerwiegenden Fehler begangen hat oder in einem Fall höherer Gewalt.
Bei befristeten Arbeitsverträgen, die nicht verlängert werden bzw. die nicht in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umgewandelt worden sind, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung (indemnité de fin de contrat
oder auch indemnité de précarité) in Höhe von 10 % seines Bruttolohns. Die Entschädigung wird gleichzeitig mit dem letzten Lohn ausgezahlt.
Arbeitsbedingungen
Die gesetzlich festgelegte Arbeitszeit beträgt maximal 35 Stunden pro Woche.
Das Gesetz zum Schutz der Arbeit (Loi de sécurisation de l'emploi) vom 14. Juni 2013 legt eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 24 Stunden fest (Teilzeitarbeit), allerdings kann auf Wunsch des Arbeitnehmers aus persönlichen Gründen auch eine geringere wöchentliche Arbeitszeit vereinbart werden.
Außerdem fallen die folgenden Personen nicht unter diese Regelung:
o Personen unter 26 Jahren, die noch im Studium sind
o Arbeitnehmer in Eingliederung
o von Privatpersonen eingestellte Arbeitnehmer.
Überstunden sind unter bestimmten Bedingungen und gegen Zahlung eines zusätzlichen Arbeitslohns bzw. unter Einhaltung gleichwertiger Ruhezeiten (soweit tariflich vorgesehen) zulässig.
Pausenzeiten sind gesetzlich geregelt. Nach sechs Stunden ununterbrochener Arbeit haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine zwanzigminütige Pause. Vertragliche Vereinbarungen können längere Pausenzeiten festlegen.
Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit steht Arbeitnehmern eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu (L3131-1 Code du Travail), wobei Arbeitnehmer pro Woche maximal sechs Tage hintereinander arbeiten dürfen (L3132-1 Code du Travail), außer in einem Fall besonderer Dringlichkeit wie Bergungsarbeiten, Arbeiten zur Verhinderung von drohenden Schäden an Maschinen oder zur Reparatur von eingetretenen Beschädigungen (L3132-4 Code du Travail). Die genannten Regelungen gelten außerdem nicht für Führungskräfte (L3111-2 Code du Travail).
Arbeitnehmer haben Anspruch auf einen wöchentlichen Ruhetag, der vorrangig am Sonntag gewährt wird (außer in Betrieben, die sonntags geöffnet sind).
Nachtarbeit ist in der Regel zwischen 21.00 und 6.00 Uhr geleistete Arbeitstätigkeit, für die ein Arbeitszeitausgleich und gegebenenfalls ein Lohnausgleich gewährt wird. Nachtarbeitnehmer sind bei der Besetzung eines Tagesarbeitsplatzes zu bevorzugen. Ist Nachtarbeit mit dringenden Familienpflichten nicht vereinbar, können Arbeitnehmer diese ablehnen, ohne dass ihnen dies als Fehler oder als Kündigungsgrund ausgelegt werden darf.
Gehalt, Überstunden- und Sondervergütungen
Das Gehalt wird frei zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausgehandelt und im Arbeitsvertrag schriftlich in Form eines Bruttobetrages vereinbart, der den gesetzlich zum jeweiligen Zeitpunkt vorgeschriebenen Mindestlohn pro Stunde (Salaire minimum de croissance - Smic) und die tarifvertraglich Lohnvereinbarungen nicht unterschreiten darf.
Zu dem Basisgehalt können noch Sachleistungen (geldwerte Vorteile), wie Dienstwagen, und Boni kommen, die ggef. arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich geregelt sind.
Überstunden werden auf dem Gehaltswege oder durch gleichwertige Ruhezeiten ausgeglichen, soweit dies in entsprechenden Tarifvereinbarungen vereinbart ist.
Beiträge und Sozialversicherungen
Arbeitnehmer die in Frankreich entgeltliche Tätigkeit ausführen, unterliegen dem französischen Sozialversicherungssystem und zwar auch dann, wenn sich der Geschäftssitz des Unternehmens nicht in Frankreich befindet, ausschlaggebend ist der Ort, wo der Arbeitnehmer seine Tätigkeit tatsächlich ausübt.
Die Sozialversicherungsbeiträge werden zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. In Frankreich umfassen die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung die Krankenversicherung, die Rentenversicherung, die Zusatzrentenversicherung, die Arbeitslosenversicherung und die Unfallversicherung. Hinzu kommen die Sozialabgaben Contribution Sociale Généralisée CSG
und Contribution au Remboursement de la Dette Sociale CRDS.
Krankheit
Laut dem französischen Arbeitsgesetz haben Arbeitnehmer in Frankreich im Krankheitsfall nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens einem Jahr Anspruch auf Fortzahlung seines Gehalts durch den Arbeitgeber. Dem Arbeitnehmer wird das Gehalt ab dem 8. Krankheitstag für die Dauer von 30 Tagen zu 90 % und weiteren 30 Tagen zu 66,66 % fortgezahlt. Dauer und Höhe der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber hängen ebenfalls von der Betriebszugehörigkeit ab.
Die französische Krankenkasse zahlt Arbeitnehmern im Krankheitsfall ab dem 4. Krankheitstag Krankengeld. Zur Berechnung der Höhe des Krankengelds erhält die Krankenkasse eine Entgeltbescheinigung vom Arbeitgeber. Nimmt der Arbeitgeber eine Entgeltfortzahlung in ausreichender Höhe an den Arbeitnehmer vor (Entgeltfortzahlung s.o.), so hat der Arbeitgeber Anspruch auf das Krankengeld zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen. In diesem Fall erfolgt die Zahlung des Krankengeldes direkt an den Arbeitgeber. Anderenfalls erhält der Arbeitnehmer das Krankengeld.
Urlaub
Arbeitnehmer haben Anspruch auf bezahlten Urlaub, wobei im Gesetz 2,5 Arbeitstage für jeden bei einem Arbeitgeber tatsächlich geleisteten Arbeitsmonat festgelegt sind. Die gesetzliche Mindestdauer des Urlaubs beträgt 30 Werktage. Die Berechnung des Urlaubs erfolgt nicht innerhalb eines Kalenderjahres, sondern eines Bezugszeitraums. Dieser Bezugszeitraum bildet der Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer gearbeitet hat, um seinen Anspruch auf Urlaub zu erwerben. Er fällt zeitlich nicht mit dem Kalenderjahr zusammen. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können auch einen über den gesetzlichen Urlaub hinausgehenden Urlaubsanspruch vorsehen. Das Urlaubsgeld beträgt entweder ein Zehntel des Bruttoverdienstes des Arbeitnehmers während des Bezugszeitraums beträgt oder dem Gehalt entspricht, das der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er gearbeitet hätte.
Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Weisungsrechts die Urlaubszeiträume bestimmen. Er muss dabei zwar gewisse Umstände berücksichtigen (beispielsweise die Familiensituation oder Betriebszugehörigkeit des Beschäftigten), aber die französische arbeitsrechtliche Regelung unterscheidet sich in diesem Punkt vom deutschen Arbeitsrecht, wonach deutsche Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers vorrangig gegenüber den betrieblichen Interessen zu berücksichtigen haben.
Im Übrigen gewährt das Arbeitsgesetzbuch einen außerordentlichen Anspruch auf Sonderurlaub aufgrund bestimmter familiärer Anlässe ohne Gehaltskürzung (Artikel L3142-2, Code du Travail).
o 4 Tage bei Heirat oder bis zu 4 Tagen bei Eintragung einer Lebenspartnerschaft (PACS);
o 3 Tage bei Geburt eines Kindes oder Haushaltsaufnahme eines Kindes in Vorbereitung einer Adoption;
o 2 Tage bei Tod eines Ehegatten (oder eingetragenen Lebenspartners) oder eines Kindes;
o 1 Tag bei Heirat eines Kindes;
o 1 Tag bei Tod des Vaters, der Mutter, des Schwiegervaters, der Schwiegermutter oder von Geschwistern.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Ein befristeter Arbeitsvertrag kann ohne beidseitiges Einverständnis nur aufgrund einer schwerwiegenden Verfehlung oder aufgrund höherer Gewalt beendet werden – oder seitens Arbeitnehmers, wenn dieser eine anderweitige unbefristete Anstellung vorweisen kann.
Ein unbefristeter Arbeitsvertrag kann zu jedem Zeitpunkt sowohl durch den Arbeitgeber als auch durch den Arbeitnehmer beendet werden. Geht die Beendigung vom den Arbeitgeber aus, spricht man von einer arbeitgeberseitigen Kündigung (Licenciement), während eine Beendigung durch den Arbeitnehmer als arbeitnehmerseitiger Kündigung (Démission) bezeichnet wird. Die Rupture conventionnelle
ist eine gesetzlich definierte Form einer einvernehmlichen Kündigung, die von beiden Seiten ausgehandelt wurde und in einer schriftlichen Vereinbarung festgehalten wird, die zwingend das Datum der Beendigung des Arbeitsvertrages und die Höhe der besonderen Abfindungssumme (Indemnité spécifique de rupture conventionnelle) enthalten muss.